13 / 10 / 2022 11:18h

Aktienrechtsrevision: Kapitalverlust und Überschuldung

Aktienrechtsrevision: Kapitalverlust und Überschuldung

Das Parlament hat am 19. Juni 2020 die Aktienrechtsrevision verabschiedet. Am 1. Januar 2023 tritt das revidierte Aktienrecht in Kraft, welches zahlreiche Neuerungen für Kapitalgesellschaften enthält. In unsrem Blog beleuchten wir jeweils kurz und prägnant punktuelle Neuerungen.

Kapitalverlust und Überschuldung

Neue Unterteilung

Die Aktienrechtsrevision unterteilt die Situationen und Massnahmen bei Not leidenden Unternehmen neu, nämlich:

  • Art. 725 nOR: Drohende Zahlungsunfähigkeit
  • Art. 725a nOR: Kapitalverlust
  • Art. 725b nOR: Überschuldung
  • Art. 725c nOR: Aufwertung von Grundstücken und Beteiligungen

Pflichten des Verwaltungsrats bei drohender Zahlungsunfähigkeit

Das neue Aktienrecht verpflichtet den Verwaltungsrat ausdrücklich zur Überwachung der Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft und bei drohender Zahlungsunfähigkeit zur Handlung mit der gebotenen Eile (Art. 725 nOR).

Neu weist das Gesetz explizit auf die Möglichkeit einer Nachlasstundung hin.

Keine zwingende Einberufung einer Sanierungsgeneralversammlung

Der Verwaltungsrat ergreift Massnahmen zur Beseitung des Kapitalverlusts. Die Pflicht der unverzüglichen Einberufung einer Generalversammlung durch den Verwaltungsrat entfällt, sofern die Sanierungsmassnahmen nicht in der Kompetenz der Generalversammlung liegt.

Solche Sanierungsmassnahmen können bspw. sein:

  • Auflösung von stillen Reserven
  • Aufwertung von Liegenschaften und Beteiligungen
  • Antrag auf deklarative Kapitalherabsetzung
  • Sparprogramme/Kostenreduktion
  • Massnahmen zur Ertragssteigerung

Hälftiger Kapitalverlust und Sonderregeln zum "Opting-out"

Gesellschaften ohne Revisionsstelle, die einen hälftigen Kapitalverlust haben, müssen ihre letzte Jahresrechnung zwingend der eingeschränkten Revision unterziehen (Art. 725a Abs. 2 nOR).

In diesem Fall ist durch den Verwaltungsrat eine Revisionsstelle zu ernennen. Somit wird bei einem Kapitalverlust das Recht auf Opting-out suspendiert. Die Revisionsstelle wird im Handelsregister nicht eingetragen, haftet jedoch für diese Prüfung als Organ.

Es dürfte schwierig werden, in einer solchen Situation eine Revisionsstelle zu finden.

Bestimmung des hälftigen Kapitalverlustes nach neuem Recht

Mit der Revision des neuen Aktienrechtes wurde klar geregelt, wie ein hälftiger Kapitalverlust zu berechnen ist.  Als Bezugsgrösse sind 50% des Aktienkapitals sowie 50% der nicht rückzahlbaren, gesperrten Reserven mitzuzählen (Art. 725a Abs. 1 nOR).

90-tägige Frist bis zur Überschuldungsanzeige

Bei begründeter Besorgnis der Überschludung wird neu geregelt, dass die Benachrichtigung des Richters unterbleiben kann, sofern begründetet Aussicht auf Sanierung innert angemessener Frist, spätestens aber innert 90 Tag nach vorliegen der geprüften Zwischenabschlusse besteht, solange die Forderungen der Gläubiger nicht zusätzlich gefährdet werden.

Rangrücktritt neu inkl. Zinsen

Neu müssen Rangrücktritte auch die verfallenen und künftigen Zinsen subordinieren. Falls bestehende Rangrücktritte anders ausgestellt wurden, so hat die Gesellschaft zwei Jahre Zeit, diese Rangrücktritte zu ergänzen.

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